Besinnliches

Hör mal!

...sagt man im Rheinland und wohl auch bis ins Ruhrgebiet hinein, um sich Aufmerksamkeit zu verschaffen. Hörbücher haben Konjunktur. Morgens in der U-Bahn sieht man ja kaum noch jemanden mit einem richtigen Buch. Alle haben irgendwelche Stecker in der Ohrwaschl...
Ich muss etwas gestehen: Ich stehe überhaupt nicht auf Hörbücher. Kriege allerdings dauernd kostenlos Zeiträume angeboten von allen erdenklichen Providern zum Lesen von Hörbüchern...
Zum Lesen? Ich finde Hörbücher sind eine gute Sache für Handicaps, Blinde, Seh-Schwache, ggf. auch für LRS-Betroffene. Das gilt sicher auch für Hörspiele. Ihre große Zeit für die Allgemeinheit ist vorbei. Hörspiele haben Rundfunkgeschichte geschrieben. Orson Wells Hörspiel vom Krieg der Welten hat mehr Furore gemacht als sämtliche Verfilmungen dieser Geschichte. Aber es hat einen niederträchtigen Plagiator gegeben, der es am 31. August 1939 nochmal in den Äther schickte. Vom Sender Gleiwitz. Mit dramaturgischen Änderungen.

Überholen ohne Einzuholen

Ich fahre seit etwa vier Jahren ein Auto mit dem ich eigentlich recht zufrieden bin. Nichts Aufregendes, hat knapp 13000 € gekostet, ist alles dran und drin, was ich haben wollte. (Klima, Navi, Freisprechanlage, manuelle 5-Gang Schaltung) Sieht ein bisschen aus wie ein SUV, ist aber keiner. Einige Gadgets nutze ich kaum, wie Tempomat, Start-Stop Funktion u.ä. Reichweite ca. 800 km und seit dem Kauf keine nennenswerten Reparaturen. Allerdings bemerke ich, seit ich diesen PKW fahre, ein merkwürdiges Verhalten anderer männlicher Autofahrer. Egal, ob an einer unübersichtlichen Stelle, egal, ob Überholverbot, egal, ob ich die vorgeschriebene Geschwindigkeit von 100 kmh auf der Landstraße (aus Versehen) mal so um 10 kmh überschreite - sie müssen überholen !
Woran liegt das ? Ich habe nur eine Erklärung: Es ist eine Art Wutneid.
Da sitzt man in einem Schlitten, der so knapp vierzigtausend Euronen gekostet hat und vor mir fährt so ein Billigheimer !
Dem werd ich's zeigen !
Vor etwa 30 Jahren, kurz nach der Wende hat ein Autoverkäufer bei dem man solche Überholschlitten kaufen kann, mal zu mir gesagt:
»Merkts Eich des, nur wos das gute Bier gebraut wird, baut mer ach de guten Autos!«
Das habe ich damals beherzigt und mir einen Skoda gekauft. Den hatte ich fast 20 Jahre.

Neusprech

Nun gehen mal wieder die Wogen auf diversen Plattformen hoch. Alte weiße Männer diskutieren über das Zigeunerschnitzel. Man fühlt sich unwohl, weil - ist der Begriff weißer Mann eigentlich bald ebenso eine Beleidigung, wie etwa Mohr, Jude, Zigeuner?
Wieviel Gender-Sternchen und Umschreibungen soll denn unsere Sprache, deren historische Entwicklung wir auch pflegen müssen, noch bekommen?
Weg mit dem Struwwelpeter, in dem der Niklas mit dem Tintenfass die Attacken der ungezogenen Buben auf den kohlpechrabenschwarzen Mohren mit dem Eintauchen in seine schwarze Tinte bestrafte? Weg mit dem schwarte Piet, mit Winnetou, mit dem Zigeunerbaron?
Urs-Malte darf nicht zum Kitafasching als Indianer gehen!
Wie wäre es einen Menschen, mit dem man auf diesem Planeten zusammen leben muss zunächst mal nach anderen Gesichtspunkten zu beurteilen?
Hier in unseren Breitengraden ginge das vielleicht so:
Bist Du Europäer? Wenn ja, dann haben wir eine Gemeinsamkeit, ich bin es auch.
Bist Du auch ein überzeugter Europäer, der bewußt unser gemeinsames grenzenloses Europa lebt?
Wenn ja, dann haben wir die nächste Gemeinsamkeit.
Gehörst Du einer Religionsgemeinschaft an?
Wenn ja, tolerierst Du auch andere große Weltreligionen?
Wenn ja, dann haben wir die dritte Gemeinsamkeit.
Ich habe vierzig Jahre in der DDR gelebt, da wurde auch eifrig versucht, Begriffe durch Neusprech zu verändern.
Königsberger Klopse wurden in Kochklopse umbenannt, die Pizza hieß Krusta, die Nationalhymmne durfte nur noch gesummt werden.
Nur das Zigeunerschnitzel wurde nicht umbenannt.
Ich habe den Verdacht, dass manche Eiferer, die uns heute einreden wollen, die Verwendung historisch gewachsener Begriffe würden Menschen anderer Kultur und Herkunft angeblich beleidigen, nicht daran interessiert sind, das Zusammenleben von unterschiedlichen Kulturen in diesem Europa zu fördern, sondern zu beschädigen.

Unkontrollierbar

Der Lockdown wurde verschärft, außer Supermärkten, Apotheken und Drogerien haben alle anderen Geschäfte zu. In meiner Heimatstadt hat das dazu geführt, dass die 7-Tage Inzidenz, die vor diesen Maßnahmen bei etwa 120 lag, jetzt auf 340 geklettert ist und ich in einem Corona-Hotspot höchster Inzidenz wohne.
Die Frage, warum sich dieser Wert trotz der Verschärfung des Lockdowns weiter erhöht hat ist eigentlich recht simpel zu beantworten:
Wer mal einen Blumenstrauß, ein paar Socken, eine neue LED-Lampe o.ä. brauchte, ging in das entsprechende Fachgeschäft. Jetzt? Geht er halt in den Supermarkt, weil da gibt es sowas ja auch. Und der ist dadurch immer randvoll.
Gaststätten, Kinos, Theater, Kirchen, Stadien dürfen nicht öffnen, obwohl sie Sitzabstände, Belüftungsmaßnahmen, Desinfektoinsmittel eingeplant hatten. Was machen die Bürger?
Sie treffen sich halt zum Essen, zum gemeinsamen Gebet, zum Fußballgucken in den Wohnungen. Ohne groß zu lüften, 7 bis X Freunde in einer 60m² Wohnung.
Halt! Das dürfen die nicht! Ist auch verboten!
Das Verbot ist allerdings - für'n alten Fritz. Warum? Weil unkontrollierbar.

Opa erzählt vom Krieg

Ich erinnere mich noch genau. Wir Kinder saßen damals bei Familienfeiern, bei denen die Erwachsenen sich Dinge zu erzählen hatten, die uns nicht so sehr interessierten, um Opa Willi herum. Der erzählte immer vom Krieg, wenn er mal irgendwo eingeladen war.
Die Erwachsenen wollten das damals in den Fünfziger-Jahren nicht mehr hören. Für uns Kinder war das spannend und manchmal ein bisschen gruselig. Opa Willi hatte den Krieg anscheinend einigermaßen überstanden. Bis auf das Holzbein und die rechte Hand mit nur drei Fingern. Das war eine Granate im Schützengraben vor Verdun. Deshalb konnte er nicht noch in den nächsten darauf folgenden Krieg ziehen. Aber das konnten wir Kinder damals nicht so recht auseinander halten und wunderten uns, wenn Tante Berta am Nebentisch dann anfing zu weinen. Erst viel später habe ich erfahren, dass ihr Mann in Stalingrad geblieben war.
Heute bin ich so alt, wie Opa Willi damals. Ich kann aber nicht vom Krieg erzählen. Weil ich in den 74 Jahren meines Lebens hier noch keinen Krieg erlebt habe. Und ich denke manchmal darüber nach, warum das wohl so ist. Europa ist nach dem zweiten großen Krieg zusammengewachsen, Westdeutsche und Franzosen haben Frieden geschlossen, dann auch Ostdeutsche und Polen, Europa hat den kalten Krieg überwunden, hat es geschafft die zwei Teile Deutschlands durch eine friedliche Revolution wieder zu vereinen, hat eine gemeinsame Währung und ich kann ohne Visum überall in diesem Europa mich niederlassen, um meinen Lebensabend zu genießen. Und Europa ist auch wirtschaftlich stark, kann Staatenlenkern Paroli bieten, deren Maxime es ist: Ich zuerst !
Es gibt keine Alternative zu unserem Europa, wie es sich friedlich entwickelt hat Und schon gar keine für Deutschland.

Der statistische Offliner

Der typische Offliner ist über 70 und wohnt meist im Osten. Soweit das Resümee, das man aus amtlichen Statistiken zur Internetnutzung herauslesen kann. Heerscharen von Analytikern machen sich dann über die Gründe dieses Offline-Verhaltens her. Die Anleitungen zum Gebrauch von Internet, Messengerdiensten, sozialen (?) Netzwerken sind zu techniklastig, die Alten verstehen das nicht, sind überfordert, haben kein Interesse, gucken nur Fernsehen....
Man ist schon besorgt über Senioren, die den Anschluss an das, was die Welt im Innersten zusammenhält, verlieren. Junge dynamische Gymnasiasten bieten manchmal Hilfe an, zeigen Opa und Oma, dass ein Smartphone mit Whatsapp doch viel besser für eine Kommunikation ist, als der monatliche Brief an die Enkel.
Gibt es vielleicht auch ein paar andere Gründe über die Zurückhaltung der Alten bei Facebook, Twitter und Co.?
Die heute über Siebzigjährigen haben, sowohl im Arbeitsleben, als auch privat ein Internet kennengelernt, das in seinen dynamischen Anfangsjahren die User in einem globalen Dorf begrüßte, in dem man sich mit Nettiquette (#hasstag-Nutzer bitte googeln) begegnete, "hello world" in Turbopascal oder Basic programmierte, Texte und Bilder nur an spezifische Ziel-User verschickte, HTML-Seiten und auch Spiele selbst entwickelte.
Ist es daher vielleicht verständlich, dass diese Altersgruppe keinen großen Wert darauf legt, im Viertelstundentakt Whatsapp-Katzenbildchen, fotografierte Nudelsuppenteller, Texte, wie "ich bin gerade auf dem Klo" zu bekommen?
Verliert man wirklich den Anschluss an unsere Welt, wenn man seine Nachrichten im TV von Claus Kleber, Marietta Slomka hört und kein Interesse an der 7. Staffel der Netflix-Serie dieser Games of Dingsda hat?
Es wäre doch mal interessant, statistisch die typische Altersgruppe der Verschwörungstheoretiker zu erfassen.
Wir Alten gehören sicherlich nicht dazu.

Denk mal

In meiner Stadt steht seit 1968 ein Denkmal. Eine Karl-Marx-Büste, geschaffen von Fritz Cremer, auf einem Sockel, daneben eine Stele. Sockel und Stele sind nicht von Fritz Cremer konzipiert, sondern von den damaligen Stadtoberen. Auf der Stele steht der Satz -Die Theorie wurde zur materiellen Gewalt.
Eine Auslegung der einen Hälfte eines Zitats. Denn Marx hatte in seiner Kritik zur Hegelschen Rechtsphilosphie gesagt,...die Theorie wird zur materiellen Gewalt, sobald sie die Massen ergreift...
Eine solche Situation hat Stefan Zweig in seinem Essay "Sternstunden der Menschheit" eindrucksvoll über die Reise Lenins im versiegelten Zug nach St. Petersburg beschrieben.
In der DDR hat die Marx'sche Theorie aber die Massen nicht ergriffen, weil die vom Staat verordnete Auslegung seiner Weltanschauung es nicht gestattete die Welt anzuschauen.
Doch die Richtigkeit seines Satzes ist immer gefährlich präsent.
Das konnte man am 2. September 2020 auf den Stufen des Berliner Reichstags beobachten, als eine Verschwörungstheorie die Massen ergriff.....

Die Lizenz läuft ab

Nun wird es wohl keine Fortsetzung mehr geben, der Spion, der aus der Kälte kam, hat seinen Schöpfer verloren, der eigentliche 007 ist nicht mehr da, das letzte Film-Projekt mit seinem x-ten Double ist vorerst auf Eis gelegt.
Wegen der weltweiten Bedrohung durch eine Armee der Finsternis, die dafür sorgen könnte, dass ein Kinobesuch die letzte Aktivität vor der Beatmung auf einer Intensivstation war.
Die Wirklichkeit der weltweiten Spionage - und Geheimdienste war und ist leider auch heute noch eine an Schäbigkeit, Bosheit und Zynismus nicht zu übertreffende Widrigkeit menschlichen Zusammenlebens.
Es wird Jahrzehnte brauchen, bis die zerrissenen Akten der Stasi, in denen minutiös beschrieben wird, wie das Leben der Anderen drangsaliert und gestört wurde, aufgearbeitet sind.
Der Austausch von Agenten der jeweiligen Geheimdienste auf der Glienicker Brücke, deren Auftrag es war, die Gefahr eines Konfliktes der Supermächte im kalten Krieg immer am Kochen zu halten, war nie ein humaner Akt, sondern die Lizenz zum Weitermachen.
Unser Planet, vielleicht der Einzige im unendlichen Universum, auf dem es intelligentes Leben gibt, hat andere Probleme, die ihn ernsthaft bedrohen. Es wird Zeit, dass die Weltgemeinschaft es schafft, Agenten und Spione in Rente zu schicken. Ihre Veteranen könnten sich ja dann regelmäßig am Grabmal des unbekannten Spions treffen.
Vielleicht auf der Glienicker Brücke...

Das Zauneidechsen Projekt

Nun wissen wir es: In Brandenburg gibt es noch Zauneidechsen. Und das soll auch so bleiben!
Wo kämen wir denn da hin, wenn sie so einfach vom gerodeten Waldstück umgesiedelt werden, eventuell gar in ein anderes Bundesland.
Nein, sie müssen bleiben, auch wenn der Ami, der da eine Giga-Factory so einfach schwuppdiwupp in die schöne Landschaft stellen will, grün vor Ärger wird.
Grün ? Bewahre, dann kommt der auch noch auf die Idee, sich das Kanzleramt zu zu trauen. Oder will er doch lieber zum Mond ?
Er könnte natürlich auch - schwuppdiwupp - seine Giga-Factory umsiedeln, nach Hammudistan, nach Singapore oder nach Polen. Dann könnten wir noch ein Spaßbad, einen Flughafen für Wasserflugzeuge oder so einen Jurassic-Park mit echten Sauriers draus machen.
Das wärs doch !

Das Linear-Dilemma

Die Öffis sind sauer. Weil ein Ministerpräsident die 86 Cent verweigert. Und sofort springen alle, die sowieso ein Ende des Öffentlich Rechtlichen Rundfunks fordern, auf diesen Zug auf.
Unter Beifall der Permanent-Dauergucker von Dschungelbauer sucht-Nacktmodel-Messi-Wohnung oder so ähnlich.
Dabei liegt das Dilemma ganz woanders. Die privaten Free-TV Sender setzen auf lineare Werbung, die den Werbenden zwar hohe Kosten beschert, aber zunehmend nix bringt. Junge Leute streameln inzwischen mehr auf Netflix herum, konsumieren dabei personenbezogene Werbung und schauen die linearen Dauerseifenopern sowieso kaum.
Und wenn man mal im Free TV einen Film schaut und der wird mehrmals von Werbung unterbrochen, dann werden die Werbepausen zum Toilettengang, zum Checken der Whatsapp Meldungen oder zum Zigarettenholen genutzt.
Aber - ohne diese Werbung gäbe es kein Free TV. Und ohne Free TV müssten dann die Zuschauer, die sich Streaming nicht leisten können, oder damit nicht zurechtkommen, die Öffis gucken.
Das könnte eine Herdenintelligenz auslösen. Mehr kluge Leute im Land heißt auch mehr kluge Wähler. Das ganze gewohnte Parteiengefüge käme ins Rutschen.
Besser es bleibt alles so wie es ist....

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